9/15/2008

苏姗告诉事 - Sushan erzählt Sachen

Nach dieser ersten fiesen Schulwoche durfte ich ein recht ereignisreiches Wochenende erleben. Freitag Abend nahm mich die albanische Botschaftertochter in einen neuen Club in Sanlitun (dort wo sich 差不多 alle Clubs befinden), wo sie und ihre Freundin den Manager um den Finger gewickelt haben, dass er sie jedesmal gratis einlässt und wie VIPs behandelt. Das ist nützlich, um den Abend günstig zu starten. Am Nachmittag war ich mit einer Deutschen aus der Schule noch einmal im Chaoyang Park gewesen, habe meinen blau-goldenen Sonnenschirm ausgezuführt und nach dem Fremdsprachen-Bombardement an der Uni das Gespräch mit einer sinnesverwandteren Seele genossen.

Samstag gingen wir (die Deutsche und ich) dann gemeinsam schwimmen, vietnamesisch essen und schauten uns danach ebenfalls im Sanlitun die rooftop- Bar Blu an. Ungleich dem Obiwan beim Xihai war die Stimmung hier nicht beschaulich und ruhig; der Ausländeranteil hingegen ebenfalls um die 100% (wenn man von den asiatischen-Frauen-mit-weissem-Mann absieht) Der Abend endete leider abrupt damit, dass ich beim Verlassen des Gebäudes die Treppe runterfiel; der Kopf hörte zum Gück gleich auf zu Bluten, und immerhin gingen wir an diesem Abend nicht zu spät ins Bett ;-)

Sonntag morgen besuchte ich den evangelischen Gottesdienst in der deutschen Botschaft und ging anschliessend in einem kleinen 饭馆 Fanguan 饺子 Jiaozi essen - wobei ich die Gelegenheit ergriff, und auf dem rein chinesisch geschriebenen Menu von denen mit dem Zeichen 狗 für Hund nahm ...

Sonntag war auch 中秋节, das traditionelle Mid-Autumn-Festival, wo es der Brauch ist, mit der Familie zusammenzukommen und den 月亮 Vollmond zu betrachten, der um diese Zeit im Jahr der Erde am nächsten sein soll. Mit der Deutschen und einem Kongolesen vom gleichen Stock kauften wir im Supermarkt alle Sorten dieser zweifelhaften Mondkuchen und setzten uns in die Cafeteria, als es zu regnen begann - erst mal also nichts mit Mondschau. Später setzten wir in ein Nudel-Fastfood-Restaurant über, wo das Bier nur 3 Yuan kostet, und lachten über fremde Küche und fremde Tischmanieren und vor allem über unser Chinesisch-Niveau (Mandarin können heisst nicht, Beijing-Hua zu verstehen!) und fanden noch später einmal mehr im Sanlitun, obwohl ich ja diesen Abend nicht gehen wollte ... Um 2 Uhr morgens aber sah ich dafür den Vollmond am klaren Nachthimmel über den Hochhäusern.

Heute Montag hatten wir wegen des gestrigen Feiertags noch frei, und es ist schon gar nicht mehr weit bis zum 1. Oktober, dem chinesischen Nationalfeiertag; Gerüchte gehen um, dass man da die ganze Woche Ferien hat. Der Onkel meiner Cousine rief an, und nun bin ich eingeladen, den Nationaltag mit seiner Familie zu verbringen. Da muss ich aber noch chinesisch lernen zuerst! Wah. Ich stand um 10:00 auf, las mein Wei-Hui-Shanghai-und-Sex-Buch fast fertig, räumte nicht auf und rannte aus dem Sushe in den Supermarkt, und mit Picknick ins Taxi an den Houhai, wo ich die ehemalige Austauschschülerin aus Nanjing traf, die mit mir den ganzen Nachmittag Chinesisch übte. Sie arbeitet als Volunteer bei den Olympics und Paralympics und kann mir vielleicht Tickets für den Niao-Chao-Park während der Closing Ceremony besorgen. Wir hattens lustig und wanderten beide zum erstenmal an diesem kleinen Seelein und den dahinter liegenden Touristen-überschwemmten Hutongs vorbei, und ich kam richtig rein ins Reden und Denken in dieser anderen Sprache. Mit dem Taxi fuhr ich von diesem alten Quartier nach Hause, hinein in die Hochhäuser, ein spektakulärer Szene- und Tempowechsel innert ganz kurzer Zeit, immer wieder überraschend.

Mit meiner Tadjikin ging ich gleich wieder los nach Xidan und kaufte zu viele Kleider; und jetzt schreibe ich blog statt meinen 300-Zeichen-Aufsatz in Angriff zu nehmen für morgen. Und dann gehe ich auch wieder zu spät ins Bett ... Tztz. Ich wollte doch hier ein fleissiger, pünktlicher und dezenter Mensch werden!
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