2/05/2009

Yantai

Fuer das Fruehlingsfest reiste ich am 24ten Januar von Peking teils stehend, teils sitzend ins 18 Zugstunden entfernte Yantai. In dieser vertraeumten Hafenstadt in der Shandong Provinz, am oestlichsten Spitzlein Chinas gelegen, lernte ich auf der Chinareise im Fruehling 2007 im Rahmen eines kurzen Schueleraustausches Jiang Suyu, meine erste Festland-Freundschaft kennen. Wir hatten ein freudiges Wiedersehen nach knapp zwei Jahren, und ich durfte entspannte drei Tage mit der ganzen Familie verbringen. Das Fruehlingsfest wird traditionell mit der Familie gefeiert. Am 25ten kamen Grosseltern, Onkel, Tante und Cousine im Hause Jiang zusammen, und dadurch, dass ich diesmal mit allen direkt kommunizieren konnte, konnte ich viel unmittelbarer am Geschehen teilnehmen. Tatsaechlich hatte ich nur mit dem starken Yantai-Dialekt des Grossvaters ein bisschen Muehe. ;)

Das Sylvestermenu war sehr vielfaeltig und alles hausgemacht. Natuerlich war sehr viel Seafood dabei, darunter riesige Crevetten, viel Fisch, Muscheln, viel Gemuese ... und fettige Schweinsfuesse als einziger "no-go" fuer mich (was einigen Verwandten, die in den naechsten Tagen vorbei kamen ganz unverstaendlich erschien). Das Feuerwerk-Gekrache in den Strassen, das schon am Nachmittag begonnen hatte, wurde im Verlauf des Abends immer lauter und nach dem Essen taten wir das unsere dazu: Der Vater hatte eine Art ueberdimensionale Frauenfuerze und wahrhaft laute Knaller gekauft, beide werden traditionell zur Abwehr boeser Geister losgelassen. Wir hatten aber auch ein paar schoene Raketen und grosse bengalische Zundhoelzer. Danach verabschiedeten sich die Gaeste auch bereits. Ich half der Mutter bei den Jiaozi fuer den folgenden Morgen. In die Dumplings werden Muenzen, Erdnuesse oder eine Mehlbeere gesteckt, die dem drauf beissenden Glueck (bzw Geld, bzw Gesundheit) im neuen Jahr bringen sollen. Anschliessend war Fernsehschauen bis 12 angesagt, das ist auch schon Tradition. Auf dem nationalen Fernsehsender lief die nationale Neujahrsshow mit einem bunten Unterhaltungsprogramm. Vielleicht, weil die Chinesen sich nicht gewoehnt sind, so lange aufzubleiben? Auch die Feuerwerke, wenn ich sie auch auf meiner ganzen Fahrt bis Hong Kong noch allabendlich sehen und hoeren sollte, verstummten spaetestens um 12.

Am 26ten, dem Neujahrsmorgen, fand ich gleich dreimal eine Muenze in meinen Jiaozi. Die obligate Bemerkung zu den Schweizer Banken musste folgen. :) Ich kann nur hoffen, dass sich das Orakel bewahrheitet (fuer mich, nicht fuer die Banken). Jiang Suyus Vater machte sich frueh auf zu traditionellen Hausbesuchen bei Freunden, Arbeitskollegen und Verwandten, Jiang Suyu nahm mich auf dem Weg in den Park zum Besuch einer befreundeten Familie, wo ich sogar einen Hong Bao zugesteckt bekam, ein rotes Couvert mit Geld fuer die juengere Generation ...

Die Zeit in Yantai verbrachte ich mehrheitlich gemuetlich zu Hause, mit ein paar Spaziergaengen an der Seaside, wo sich ein paar alte europaische und amerikanische Handelsgebaeude befinden, die schoene Mondbucht und einige Parks. Jiang Suyus Mutter zeigte mir ihr Rezept fuer Jiaozi Fuellung und ich durfte mit ihr gemeinsam kochen. Am 28ten morgens fuhr ich auch schon weiter nach Hangzhou, eine Stadt im Umkreis Shanghais. Dies war das letzte hard sleeper Billet, das fuer die naechsten Tage noch erhaeltlich gewesen war. Von Stehplaetzen hab ich erst mal genug...
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